Foto: Imago/Panthermedia
Halb voll und halb leer
Weniger Akquisitionen und Investitionen bei Start-ups in diesem Jahr – Aber mehr als 2020
VON ANDI NERKAMP

Halb voll und halb leer
Weniger Akquisitionen und Investitionen bei Start-ups in diesem Jahr – Aber mehr als 2020
Von Andi Nerkamp
Foto: Imago/Panthermedia
„Die Lage für Start-ups im AgTech-Bereich ist in diesem Jahr komplizierter als im Jahr 2021“, stellt eine aktuelle Studie der französischen Analysten DigitalFoodLab fest.
Anzahl und Wert der Akquisitionen und Investitionen seien rückläufig, erklärt DigitalFoodLab-Gründer Jérémie Prouteau. Die Investitionen in der ersten Jahreshälfte 2022 sind im Vergleich zum ersten Halbjahr 2021 um 40 Prozent gesunken. Man gehe davon aus, dass der Rückgang bis zum Jahresende bei etwa 30 Prozent liegen werde.
Betrachtet man die Entwicklung über einen längeren Zeitraum, ergibt sich jedoch ein anderes Bild: „Die Investitionen sind im Vergleich zum ersten Halbjahr 2020 um 170 Prozent gestiegen“, sagt Prouteau. Das bedeutet, dass große FoodTech-Start-ups in Europa in der ersten Hälfte dieses Jahres mehr Geld aufgenommen haben als im gesamten Jahr 2020.
Die gleiche Logik gilt für die Anzahl der Akquisitionen. Betrachtet man die Investitionen von mehr als 1µMio.µ€, so sind sie in diesem Jahr um 33 Prozent zurückgegangen, im Vergleich zu 2020 jedoch um 10 Prozent gestiegen.
Start-ups aus dem Bereich Delivery, der Lebensmittellieferung und Quick-Commerce umfasst, hatten insgesamt weniger Geld erhalten. Start-ups in anderen Kategorien, wie Lebensmittelwissenschaft (insbesondere alternative Proteine) und AgTech, hätten im ersten Halbjahr 2022 mehr Geld aufgenommen als im Vorjahr. Verglichen mit dem ersten Halbjahr 2021 sei das etwa nur ein Drittel für Liefer-Start-ups. „Wir haben weniger Deals und weniger investiertes Geld“, erklärt Prouteau.
Es werden trotzdem weiterhin kleine Schecks an Start-ups in der Frühphase ausgestellt. Die Zahl der Neugründungen sei immer noch sehr stabil. Auch reife Start-ups, die entweder über eine (präzise) Technologie oder ein rentables Geschäftsmodell verfügen, sammelten nach wie vor enorme Geldbeträge ein. „Die Zukunft des Ökosystems ist hier im Vergleich zu früheren schwierigen Zeiten nicht gefährdet.“ Man werde mindestens bis zum Ende des Jahres warten müssen, um zu sehen, ob ein Tiefpunkt erreicht worden sei oder es noch weiter nach unten gehe. Die Zukunft des Start-up-Ökosystems sei im Vergleich zu früheren und noch schwierigeren Zeiten allerdings nicht gefährdet.
„Es sieht so aus, als ob die jetzige Entwicklung sich eher um eine Komplikation handelt, die mit den überhöhten Bewertungen und Investitionen in einige wackelige Geschäftsmodelle und Start-ups zusammenhängt“, folgert Prouteau. Die Lage sei nicht zu schlecht und sollte sich bald bessern: Investoren verfügten immer noch über enorme Mittel und suchten Anlagen.
Prouteaus Fazit: „Es gab noch nie einen besseren Zeitpunkt als jetzt, um ein FoodTech-Start-up zu gründen. Vor allem in der Agrar- und Ernährungswirtschaft.“

Auf der Suche nach Innovation
Auch die Landtechnik-Hersteller etablieren zunehmend eigene VC-Abteilungen
VON OLAF DEININGER
Agxeed-Roboter beim autonomen Arbeiten.
Foto: Claas

Auf der Suche nach Innovation
Auch die Landtechnik-Hersteller etablieren zunehmend eigene VC-Abteilungen
Von Olaf Deininger
Agxeed-Roboter beim autonomen Arbeiten.
Foto: Claas
Frankfurt a. M. Mitte Juni gab der Landtechnik-Hersteller Claas bekannt, dass die Firmengruppe ihre Beteiligung am niederländischen Start-up AgXeed B.V. weiter ausbaut. Auch andere Landtechnik-Hersteller investieren in Start-ups.
Nach ersten erfolgreichen gemeinsamen Projekten will Claas die weitere Zusammenarbeit mit dem niederländischen Start-up AgXeed zur Entwicklung und Kommerzialisierung autonomer Landmaschinen intensivieren. Über das Claas-Tochterunternehmen Seed Green Innovations GmbH, das Ende Dezember 2021 durch Umbenennung der Claas Anlagemanagement GmbH entstanden ist, stockte man seine Beteiligung auf.
Die Series-A-Finanzierungsrunde wurde gemeinsam mit dem Venture Capital Investor Amathaon Capital aus München und einem Unternehmen der Amazone-Gruppe aus Hasbergen-Gaste realisiert.
Das junge Unternehmen AgXeed aus den Niederlanden stehe für die Entwicklung und Kommerzialisierung autonomer Fahrzeuge und Maschinen für die Landwirtschaft.
Zeitgleich hatte auch der europäische Landmaschinenausrüster Same Deutz-Fahr (SDF Group) eine Mehrheitsbeteiligung an dem französischen Spezialisten für Weinbau-Robotik Vitibot erworben. Damit sollen Kompetenzen und Ressourcen gebündelt werden, um innovative und leistungsstarke Produkte für eine neue, ökologisch immer verantwortungsvollere Präzisionslandwirtschaft zu entwickeln und dem Markt anzubieten. Vitibot gilt in Frankreich als eines der vielversprechendsten Start-ups und zählte zu den French FoodTech Top 25 des vorigen Jahres.
Ein Zusammenschluss aus 32 namhaften Unternehmen der AgriFood-Branche, darunter die Landtechnik-Hersteller Krone, Lemken, Grimme und Big Dutchman, entwickelten im letzten Jahr mit dem Seedhouse Osnabrück eine Plattform für Innovationen aus den Bereichen Agrar, Food und Digitalisierung. Die Region weist eine europaweit einzigartige Dichte an Unternehmen und Organisationen in diesem Bereich auf.
