OEMs steigen in Elektro ein
Immer mehr Traktorenhersteller erweitern ihr Portfolio um elektrische Schlepper
VON OLAF DEININGER
Mit oder ohne Kabine einsetzbar: der Prototyp "Sesam 2" von John Deere. Foto: Hersteller
Anfang August gab der weltweit größte Hersteller von Auftragselektronik, der taiwanesische Konzern Foxconn, bekannt, dass er ab Anfang 2023 fahrerlose Elektrotraktoren bauen wird. In seinem Werk in Lordstown (Ohio) sollen E-Schlepper für das kalifornische Unternehmen Monarch Tractor entstehen.
Beide sind nicht die einzigen Unternehmen, die ihr Engagement bei elektrisch angetriebenen Schleppern verstärken.
Immer mehr Traktorenhersteller bauen diesen Sommer ihre Kapazitäten für Elektrofahrzeuge aus. Darunter Weltmarktführer Deere & Co, Agco oder Kubota, aber auch kleinere Hersteller wie etwa Solectrac oder Cellestial. „Die Landwirtschaft stellt auf intelligente und nachhaltige Produktion um“, stellt die Nachrichtenagentur Reuters fest. Die im August veröffentlichte Studie „Electric Tractor US Market Global Production, Growth, Share, Demand and Applications Forecast to 2030“ bescheinigt bis zum Jahr 2030 eine deutlich steigende Nachfrage nach E-Antrieben in der Landwirtschaft. Knapp 20 Hersteller würden sich bereits in diesem Feld engagieren. Bis 2027 soll das Marktvolumen von heute 870 Mio. auf 1,2 Mrd. US-$ wachsen. Vor allem bei kleinen und bei Schmalspurtraktoren.
Bereits im Juli gab die US-Company Solectrac eine Partnerschaft mit Nolan Manufacturing bekannt, um die Produktion von E-Traktoren zu verstärken und die steigende Nachfrage zu befriedigen. Auf einer 10 000 Quadratmeter großen Anlage in North Carolina sollen die Maschinen für den Ostküstenmarkt gebaut werden. Solectrac gehört dem Elektrofahrzeughersteller Ideanomics.
Im Juni erwarb John Deere eine Mehrheitsbeteiligung am österreichischen Batterietechnik-Anbieter Kreisel Electric und kündigte an, im Jahr 2026 einen autonomen Elektrotraktor für den Gartenbau auf den Markt zu bringen. Kreisel Electric gilt als weltweit führender Anbieter von hochdichten und langlebigen Batteriemodulen und -packs. Anfang des Jahres präsentierte John Deere den Prototypen „Sesam 2“, einen gigantischen Schlepper, der mit oder ohne Anbau-Kabine für einen Fahrer betrieben werden kann. Neben Traktoren will John Deere auch elektrische Batterien und Ladegeräte auf den Markt bringen.
Vergangenes Jahr stellte Start-up Cellestial E-Mobility Indiens erste Elektrotraktoren vor: Das Unternehmen aus Hyderabad bietet drei kleine Maschinen mit einer Leistung von 27 bis 55 PS, die im Betrieb weniger kosten sollen als vergleichbare Traktoren mit Verbrennungsmotor. Der Preis soll zwischen 7 570 und 10 090 US-$ liegen. Die Maschinen können an einer indischen Haushaltssteckdose aufgeladen werden, außerdem lassen sich die Batterien austauschen. An einer herkömmlichen 16-Ampere-Steckdose lässt sich der Akku in sechs Stunden, mit einer industriellen Infrastruktur in zwei Stunden voll aufladen.
Die Reichweite einer Ladung liegt bei 75 km, die maximale Geschwindigkeit bei 25 km/h. Die Traktoren verfügen über Zapfwelle, Hydraulik und Allradantrieb und bieten ein Spitzendrehmoment von 53 Nm. Indien verfügt über rund 1,2 Millionen landwirtschaftliche Betriebe.
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Produktüberblick: Reine Elektro-Traktoren
Der kleine Stromer aus Marktoberdorf
Fendt will mit seinem ersten rein elektrisch angetriebenen Traktor nun in Serienproduktion gehen
VON ANDI NERKAMP
e100 Vario: Power für vier Stunden. Foto: Fendt
Nach rund fünf Jahren scheint es diesen Monat endlich so weit: Christoph Gröblinghoff, Vorsitzender der Agco/Fendt-Geschäftsführung, verkündete vor Vertretern der Fachmedien, dass der elektrisch angetriebene Schlepper e100-Vario nun in die Serienfertigung gehe: „Der Fendt e100 Vario wird – sowohl in der Variante S als auch V – 2024 in die Serienproduktion gehen.“ Gebaut werde in Marktoberdorf im Allgäu.
Fünf Jahre nur als Prototyp existiert
Zur Erinnerung: Im Jahr 2017 wurde das Konzept als Prototyp zum ersten Mal der Öffentlichkeit vorgestellt. Ab und zu wurden Features und Updates ergänzt. Jetzt soll es losgehen. Denn die Nachfrage nach einem vollelektrischen Fendt, so Gröblinghoff, komme nicht allein aus dem kommunalen Bereich, wo „öffentliche Rasenflächen mit ökologischem Fußabdruck gepflegt“ werden sollen. Auch Wein- und Gemüsebaubetriebe hätten starkes Interesse geäußert. Es kämen Anfragen nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus skandinavischen Ländern und aus Kalifornien. Das Interesse an elektrischen Maschinen hat in der Landwirtschaft in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Immer mehr Geräte, die bislang mit Verbrennern angetrieben wurden, kommen allmählich mit einem Elektroantrieb auf den Markt. Es existiert kaum ein Hersteller mehr, der sich für die Zukunft ausschließlich auf Verbrenner verlassen möchte und keine eigenen Elektro-Lösungen entwickeln würde. Der Fendt e100 bietet 50 kW Antriebsleistung. Der Akku verfügt über eine Kapazität von 100 kWh und basiert auf 700-Volt-Technologie. Eine Batterieladung soll für rund vier Stunden Arbeitseinsatz reichen. Geladen wird der Fendt 100e Vario an einer genormten 23-kW-CCS-Steckdose oder alternativ an Super-Chargern mit Gleichstrom. Um den Vario am Hof zu laden, brauchen Nutzer eine Wallbox, die an Drehstrom angeschlossen wird. Die Batterie im Fendt e100 Vario wiegt 600 kg und hat ein Volumen von 0,3 m³. Noch kann man den Traktor nicht vorbestellen. Auch der Produktkonfigurator auf der Website von Fendt zeigt das Fahrzeug noch nicht. Was der kleine Stromer kosten soll, darüber schweigt sich Fendt bislang ebenfalls aus. Bisher seien batterie-elektrisch angetriebene Traktoren teurer als Dieseltraktoren, erklärt ein Unternehmenssprecher. Das soll sich erst dann ändern, wenn sich die Batteriepreise verringern. Bei Fendt rechnet man mit einer solchen Entwicklung. Allgemein zeigt man sich noch verhalten – auch was TCO (Total Cost of Ownership) angeht: „Berechnet auf die Lebenskosten kann ich mir vorstellen, dass ein batterieelektrischer Traktor günstiger ist“, zitiert agrarheute den „Director Premium Tractor Platform“ bei Fendt, Leo von Stillfried. Auch über Elektrotraktoren mit mehr als 90 bis 95 PS Leistung denke man bei Fendt nach, verriet Gröblinghoff. Derzeit würde man untersuchen, ob auch eine Elektrifizierung über 150 oder 180 PS möglich sei, jeweils für einen mindestens vier bis sechsstündigen Einsatz. Damit würde Fendt ein neues Segment im Traktorenmarkt eröffnen, denn bisherige Produkte liegen in der Leistung deutlich darunter. Entwickelt sich der Ölpreis allerdings weiter wie bisher und sorgen Krisen wie die in der Ukraine und Russland für weitere Preisanstiege, von denen natürlich auch Agrardiesel betroffen ist, wandern die Lebenskosten in immer attraktivere Bereiche.
Wegfallende Förderung kompensieren
Hinzu kommt: Ab 2023 fallen erste Photovoltaik-Anlagen aus der EEG-Förderung. Damit wird die Option, über die eigene Photovoltaik-Anlage den eigenen elektrischen „Sprit“ zu produzieren, immer relevanter. Auch wenn Photovoltaik-Anlagen ebenfalls altern und damit Kosten verursachen: So müssen doch alle fünf bis acht Jahre etwa Wechselrichter ausgetauscht werden.
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